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Leere und Form

Kunst nimmt Motive und Gegenstände von außen auf und transformiert sie. Was gemalt wird, hat von irgendwo her seinen Ursprung. Ob ein Bild eine Botschaft vermitteln soll, bleibt zunächst verborgen, wenn der Ursprung, die geistigen Hintergründe und die präfigurativen Gedanken des Künstlers unbekannt sind. Deutungen ohne dieses Wissen führen dann in die nicht beabsichtigte Irre. Insbesondere, wenn sie im Kontext verschiedener mythologischer, religiöser und philosophischer Themen vieldeutig interpretiert werden können. Wissen oder Nichtwissen hat auf das Erlebnis von Kunst gravierenden Einfluß. 

Ein Bild erscheint in einem anderen Bild, wenn Zusammenhänge Gestalt bekommen. Die Bilder Leere und Form von 2017/18 haben tiefgründige Quellen. Sie beziehen sich einerseits auf das buddhistische Herz-Sutra1 „Die Form ist Leere. Die Leere ist Form“ und andererseits auf die Konzepte des Zimzum2 als -strukturierendes Formprinzip. Alles Sein ist Kontraktion und Kontraktion der Anfang aller Realität. Ohne diese Kontraktion des Geistes/Gottes gäbe es keine Form. Alles Leben materialisiert sich durch Kontraktion. Es ist plötzlich da und, wenn die Kontraktion nachlässt, plötzlich wieder weg. Die Bilder von Leere und Form sind getragen von einer grundierten Spiritualität und zeigen uns eine Annäherung an das Prinzip der Wechselseitigkeit. 

Die Knochenform wird Symbol und versinnbildlicht das Wechselspiel und das Hin und Her zwischen Leben und Tod, zwischen Leere und Form. Wie das Prinzip der Schöpfung – der permanente Aggregatzustand – fortgeführt wird, wissen wir nicht, und der mit dem Pinsel philosophierende Maler fragt sich weiter: Was ist Seiendes und was ist Nichts? Die Bilder Leere und Form geben Hinweise. Eine Botschaft enthalten sie nicht.